100 Km DM im Plänterwald

Veröffentlicht auf 5. Juli 2017

 

 

 

Hurra, endlich wieder laufen im Plänterwald! Anno 2016 durften wir ja auf der doch sehr schnellen Strecke unsere Fähigkeiten über die 50 Kilometer Distanz beweisen, in diesem Jahr durften wir über die doppelte Distanz antreten. Welch eine Freude, die Distanzen werden mir hier immer freundlicher. 100 Km auf einer meiner Trainingsstrecken birgt allerdings auch, wie beim 50er die Gefahr in den absoluten Trainingsmodus zu verfallen... Aber diese Sorge ist nicht allzu hoch und verwirft sich immer wieder recht schnell. Was steht hier in diesem Jahr für mich eigentlich an? Klar, die hundert zu finishen. Ja, auch unter acht Stunden. Nicht mehr und nicht weniger. Ich habe mir im Vorfeld darüber gar keine Gedanken gemacht und das war eine gute Lösung für mich. Völlig unbelastet von irgendwelchen Zielen und Vorgaben laufe ich ja immer noch am besten. Auch brauchte ich mir ums Team keine Sorgen machen, ich bin gern Backup und da unser Ultrateam ja wieder gut in der Starterliste aufgestellt war, musste ich mir darum auch keine Gedanken machen. So machte ich mich am Samstagmorgen nach einem kleinen Frühstück mit Kaffee per Fahrrad auf den Weg zum Plänterwald. Gemütlich trat ich in die Pedalen und lockerte auf den noch leeren Straßen Treptows meine Beine. Vor Ort waren schon einige Vereinskollegen anzutreffen. So ein Heimspiel ist in diesem Part echt entspannend. Direkt neben dem offiziellen VP bauten wir unseren eigenen kleinen Stand auf. Um mein leibliches Wohl musste ich mir so wohl auch keine Sorgen machen. Da der Start ja schon um sechs sein sollte, blieb auch nicht allzu viel Zeit alles artgerecht vorzubereiten - ich bin halt nicht der schnellste. Es hat aber funktioniert. Alles richtig befüllt, Gels und Salz liegen so halbwegs griffbereit. Ein "Nebenplan" war es, diesen Lauf nur mit Gel und Flüssigkeit zu absolvieren. Theoretisch zumindest, funktioniert hat`s nicht, um das gleich mal vor weg zu nehmen - ein leerer Bauch is kacke.

Zum Start war ich mal wieder nicht nervös, nur mein Magen hatte sich noch nicht auf Wettkampf eingestellt und er würde es wohl auch nicht mehr tun. Zum Glück nur ein kleines Problem, es gibt ja im Durchschnitt auf jeden Kilometer ein Dixi. :) Um kurz nach sechs wurden wir dann in die Spur geschickt. Ich gebe zu, ich habe versucht mich an meine mir selbst vorgegebene Pace zu halten. Hat aber wie immer nicht so ganz geklappt. Ich war aber nah dran. Gerade einmal knapp 157 Sekunden war ich in der ersten Runde schneller als gewünscht. Doch die Rundenzeiten sollten leider noch schneller werden. Mein Plan einen negativen Split zu laufen geriet schon von Anfang an ins Wanken. Zum Glück meldete sich mein Bauch recht schnell, sodass ich in Runde vier endlich mal wirklich nur in einer 04:48er Pace absolvieren konnte. Gut es war dann ne 04:51, aber schneller ging`s aufm Dixi echt nicht. Ich hatte ja außerdem noch ein wenig Puffer aus den Vorrunden. Leider verfiel ich wieder recht schnell in mein Vorklotempo. Wenn ich jetzt nicht langsamer werden sollte, war der negative Split futsch. Natürlich kann man noch schneller laufen, aber so schnell bin ich dann auch nicht. Hab ich doch glatt mein Rucksackproblem bisher gar nicht erwähnt... Da sind wir dann auch schon wieder beim Thema Trainingslauf. Ja, es gibt schnelle lange Trainingsläufe und wenn ich Dinge ausprobieren möchte, mach ich das im Training. Klar klingt das etwas abgehoben bei einer Meisterschaft einen Trainingslauf zu absolvieren, mir ist allerdings der Ernst einer solchen Veranstaltung inzwischen völlig klar. Mein Rucksack - nicht mehr mein rot weis blauer Camelbak, ein kleiner schwarzer von Kalenji ist es derzeit. Warum? Er ist leichter als der Camelbak und hat vorn zwei Flaschenhalterungen. Genau dies galt es zu testen. Wie macht sich die Masse an der Brust auf lange Distanzen bemerkbar? Ich hatte einige Zweifel, u.a. Welchen Eindruck erweckt das Tragen eines Rucksacks bei meinen Mitläufern? Also lief ich die ersten Runden ohne und nahm meine Flaschenhalterung für die Hand in Anspruch. Bei langsamen Läufen ja völlig okay, aber in diesem Fall: Kacke. Recht unrund liefen dadurch die ersten Kilometer durch den Plänterwald. Wo wir wieder zurück beim Thema Laufen sind. Da ich mir ja ein recht "einfaches" Ziel gesetzt hatte konnte ich von Anfang an völlig beschwerdefrei - vom Kopf her - laufen. Ein Fakt, der es mir um 100 Prozent einfacher macht gut über die Distanz zu kommen. Jeder der mich gesehen hat, sah mich doch durchaus fast immer gut gelaunt meine Meter abspulen. Dies war auch nicht verwunderlich, bei dem Publikum!!! Jeder Streckenposten, Begleiter, Verpfleger, Sprecher, ... gab mir positives Feedback. Da kann man keine schlechte Laune entwickeln. Es war ja auch fast auf jedem Abschnitt was los. Gut, der Weg an der Spree entlang und die lange "Toilettengerade" Richtung Schwimmhalle wurden von Runde immer länger, aber so ging es wohl jedem...  Die Belohnungen waren dann aber immer an den Gabelungen und Kurven zu finden. Es ist schön, wenn man Läufer-Innen als Streckenposten sieht, die man kennt und schätzt - die sich freiwillig für die Unterstützung einer nicht vereinseigenen Veranstaltung bereit erklären. Das hebt immer wieder ungemein die Stimmung und lässt den Gedanken keimen selber mal wieder an einer Veranstaltung als Helfer beizuwohnen.

Ich mach mal Halbzeit. 50 Kilometer sind gelaufen. 03:44:52 Stunden wenn ich mich nicht verrechnet habe standen da im Protokoll. Wenn ich also negativ laufen wollte, müsste ich ja schneller werden, was eine Zeit um 07:29:xx Stunden bringen müsste. Da kommt dann wieder das Thema Pausen / VPs auf. Grundsätzlich halte ich mich ja sehr gern am VP auf, aber heute war dafür leider keine Zeit. Leider ist hier wohl auch das falsche Wort, ich hatte irgendwie gar keine Chance mich am VP aufzuhalten seit dem ich meinen Rucksack aufgesetzt hatte. Kaum erreichte ich das Sichtfeld unseres VPs kam schon der fragende Blick unserer lieben Betreuer, was ich denn auf der nächsten Runde brauchen könne. Im Vorfeld hatte ich mir meine Flaschen ja schon vorbereitet, zwei Farben, zwei unterschiedliche Befüllungen. Grün für Wasser und schwarz für Iso. So brauchte ich an sich nur noch die betreffende Flasche hochhalten und mir wurde das richtige Getränk meiner Wahl gegeben. Wahrscheinlich fand auch noch etwas mehr Kommunikation statt, allerdings verschwand das immer wieder in meinem Tunnel - die Stimmung am VP war zwar wuselig aber immer fokussiert und auf die Läufer gerichtet. Sollte das nicht stimmen so korrigiert mich - ich habe es so aufgenommen und bin auch sehr dankbar dafür. Ab und zu stoppte ich kurz am allgemeinen VP um mir etwas Festes zwischen die Zähne zu schieben. Nur Flüssigkeit klappt bei mir beim besten Willen nicht - mein Bauch fühlte sich zu Beginn des Experiments an wie eine halb gefüllte Trinkblase. Nach der Aufnahme fester Nahrung regulierte sich das dann allerdings sehr schnell. Die Runden plätscherten so vor sich hin und so langsam wurde es tatsächlich auch schwerer. Klar laufe auch ich solch eine Pace nicht einfach mal so, wäre schön aber ist zum Glück nicht möglich. Bei Runde 14 kam dann etwas die "Kälte" durch - nein es war nicht kalt, aber die hohe Luftfeuchte und der Wind zerrten etwas an meiner Körpertemperatur. So entschloss ich mich in Runde 18 mal mein Shirt zu wechseln - von nass auf trocken. Dies sollte dann allerdings schon früher erfolgen. "Schon" in Runde 16 entschloss ich mich kurzfristig meine Sachen zu wechseln. Auch wenn dies für unseren VP unangekündigt und überrascht kam, klappte alles einfach nur zu gut. Gegenüber dem allgemeinen VP waren zwei kleine mit Wasser gefüllte Wannen aufgebaut. Ein Genuss - Kopfbedeckung ab, Rucksack runter, Becher mit Wasser füllen und ab über den Kopf - ein Gefühl von Erfrischung, wie es kaum ein zweites gibt. Vielleicht war meine Ausdrucksweise gegenüber unseren lieben Betreuern etwas angespannter, aber ich war doch etwas erschöpft und wollte auch eigentlich weiter, aber mit der Verbreitung von Stress geht’s erfahrungsgemäß auch nicht schneller vorwärts. Etwas Unmut verbreitete ich wohl auch bei der Suche meines noch trocken vorhandenen Buffs - ich vermutete es in meiner Sporttasche, doch "organisiert" wie ich war lag es in meiner VP Kiste - alle suchten danach und ich nutzte es dann doch nicht, ich hab`s einfach vergessen dann mit auf die Strecke zu nehmen. Mein trockenes Shirt war ratzfatz da und es war eine Wohltat nach den letzten Runden und der kleinen Dusche wieder ein trockenes Oberteil anzuziehen! Diese kleine Pause von geschätzten vier Minuten motivierten meine leicht angemüdeten Beinmuskeln wieder auf ein recht gutes läuferisches Niveau. Klar kam von unserem Teamchef ein kleiner Seitenhieb, aber das ist ein weiterer Ansporn - ich mag diese Art von Motivation, wenn ich weiß von wem sie kommt, wie sie gemeint ist und wenn mich die betreffende Person kennt. Und unser Teamchef weiß, wie ich bei einem Lauf ticke und wann ich was für eine "Motivation" gebrauchen kann. Zu dem Zeitpunkt gab es schon einige Aussteiger, nicht nur in unserer Mannschaft, auch allgemein gab es schon ein paar "Opfer" zu beklagen. Dieser Fakt war mir zu dem Zeitpunkt allerdings noch gar nicht bewusst. Ich ging immer noch davon aus, dass meine Teamkameraden alle auf der Strecke waren. Zwei auf jeden Fall vor mir und zumindest einer in meinem Nacken. Aber genau die drei fehlten leider schon. Wie gesagt, das wusste ich nicht und ich wollte es auch eigentlich gar nicht wissen, auch war mir meine Platzierung völlig Wurst. Eigentlich ist in diesem Fall allerdings auch falsch - wenn ich meine Platzierung weiß, fängt es im Kopf an zu rattern. Das kann ich mal gar nicht gebrauchen. Unser Teamchef hat aber genau das im Blick - so wie es sich in seiner Position gehört und stachelte mich halt ein wenig an. Im Hinterkopf verabschiedete ich mich nach meiner Pause endgültig von meinem negativen Split, auch wenn noch ein kleiner Keim Hoffnung darauf vorhanden war. Da kommt dann im Nachhinein die Frage nach dem "was wäre wenn" auf. "Hätte ich die Pause nicht gemacht..." Ich habe sie aber gemacht und das war auch gut so! Meine Durchgangszeit in Runde 15 war schon nicht mehr so im Lot - die Pause kam also im richtigen Moment. Meine Runden waren zwar nach der Pause etwas langsamer, aber ich konnte mich dann bis ins Ziel kontinuierlich steigern. Gut, hier kommt dann auch mein kleiner selbstgemachter "Entlastungstrick" zum Tragen. Meinen Rucksack ließ ich in Runde 18 einfach am VP. Auf den letzten zehn Kilometern kann man, wenn man gut vorgesorgt hat, mit der Ernährung nicht mehr allzu viel versauen oder wieder gut machen - ihr wisst was ich meine. Zudem gab’s ja sowieso noch alle zweieinhalb Kilometer Erfrischungen. Einen Grund für eine permanente Eigenversorgung gab es also auch an sich die gesamte Zeit nicht. Auf den letzten Kilometern aber einfach mal von Null auf gleich mit mindestens vier Kilo weniger durch die Gegend zu laufen ist körperlich doch sehr befreiend. Das überwiegt dann auch das "Wohnzimmergefühl" beim Laufen mit Rucksack. Im Ziel angekommen, durfte ich mich dann noch einmal über eine Becherdusche freuen. Eine Kleinigkeit, die mir aber sehr viel Freude bereitete. Es war halt doch ein recht anstrengendes Wetter. Nach meiner kleinen Dusche durfte ich noch etwas Blut spenden. Lief reibungslos, nur das Spenden von knapp 100 Milliliter Urin gestaltete sich doch recht schwierig, dafür war die Unterhaltung mit dem betreffenden Betreuer sehr angenehm und somit verflog die Wartezeit auf das Drücken der Blase auch hier schnell, mir wurde schon leicht kalt und ich wollte endlich duschen gehen – in meiner alten Schulschwimmhalle in Baumschulenweg. Diese echte Dusche mit sehr angenehm warmer Temperatur weckte den inzwischen recht ermüdeten Körper wieder. Anschließend ging es ja dann wieder ins Wettkampfgebiet und zur Siegerehrung zurück. Ein gelungenes Läufchen, was mich für den August sehr positiv stimmt. Ein paar Zeilen sind es ja dann doch geworden, aber mich beschleicht das Gefühl noch so einiges vergessen zu haben. DANKE an dieser Stelle nochmal an alle die diesen Lauf egal auf welche Weise unterstützt haben – es war ein tolles Erlebnis!

 

Geschrieben von Benjamin Benjy Brade

Veröffentlicht in #100 kilometer, #spaßamlaufen, #spaßamsport

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